Steuerliche Stolpersteine
bei bevorstehenden Aktiensplits Apple und Tesla

19.08.2020



Ein Beitrag von
Jürgen H. Großkopf-Dibs


Partner bei MUNKERT & PARTNER
Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt, Steuerberater

Apple und Tesla splitten ihre Aktie: Welche steuerliche Stolpersteine sollten Sie beachten?

Wie aus den aktuellen Nachrichten vernommen werden kann, wird Apple seine Aktie am 24. August im Verhältnis 1:4 splitten. Hierdurch wird jeder Apple-Aktionär bei Handelsschluss am 24. August 2020 für jede dann gehaltene Aktie drei weitere Aktien erhalten. Ab dem 31. August 2020 soll dann der an den Split angepasste Kurs gehandelt werden.

Auch Tesla wird nach aktuellen Informationen den Weg eines Aktiensplits – allerdings im Verhältnis 1:5 – gehen, so dass planmäßig jeder Tesla-Aktionär, der am 21. August im Aktienregister eingetragen ist, für jede Aktie vier weitere Anteilsscheine als Dividende bekommt und im Ergebnis insgesamt fünf Aktien besitzt. Als Zeitpunkt der Wirksamkeit des Aktiensplits ist der 28. August (nach Börsenschluss in den USA) vorgesehen und ab Montag, den 31. August 2020 soll der an den Split angepasste Kurs gehandelt werden.

Steuerlich ist Aktiensplit nicht gleich Aktiensplit

Wichtig gilt es zu beachten, dass beide Aktiensplits auf den ersten Eindruck identisch erscheinen, jedoch – wie vergleichbare Aktiensplits wie beispielsweise bei Google, Ebay, Paypal oder in der Vergangenheit gezeigt haben – mitunter durch die Finanzverwaltung einerseits sowie zeitlich vorgelagert bereits durch die Depotbanken andererseits eine steuerlich divergierende Behandlung der Aktiensplits möglich ist und steuerliche Folgeprobleme aufwerfen kann.

Steuerlicher Hintergrund hierfür ist, dass ein Aktiensplit in Form einer Umwandlung von existierenden Aktien in eine größere Anzahl neue Aktien mit einem geringeren Nominalwert zwar keine Veräußerung darstellt, sondern die Anschaffungskosten der Alt- Anteile auf Basis des Umtauschverhältnisses auf die neuen Anteile aufgeteilt werden. Da keine Veräußerung vorliegt, ist für die neuen Aktien auch der Anschaffungszeitpunkt der alten Aktien zugrunde zu legen. Diese Qualifikation entspricht auch der wirtschaftlichen Betrachtung, nach der doppelt so viele Aktien bei halbiertem Kurs summa summarum keinen Unterschied zur bisherigen Depotposition darstellen. Mit anderen Worten fließt der den Aktiensplit ausführenden Gesellschaft auch kein „Frisches Geld“ zu, es werden nur Aktien „umgetauscht“, d.h. in der Praxis regelmäßig die bisherigen Aktien eingezogen und durch neue Aktien unter Beibehaltung der Wertpapierkennnummer (WKN) bzw. International Securities Identificiation Number (ISIN) ersetzt.

Dies gilt jedoch nicht, wenn die neuen Wertpapiere – wie dem Vernehmen nach bei Tesla angekündigt – in Form einer (Sach-)Dividende ausgegeben werden. Dann ist es denkbar, dass seitens der Depotbanken Abgeltungsteuer vom Verrechnungskonto abgebucht wird, ohne dass sich der Gesamtwert des Depots geändert hat. Im Falle einer solchen – häufig unter neuer WKN bzw. ISIN ausgegebenen – (Sach-)Dividende ist aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu befürchten, dass unter Zugrundelegung des aktuellen Börsenkurses dann 25% Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag sowie ggf. Kirchensteuer im Hinblick auf die möglicherweise (ex post betrachtet) auch fehlerhaft angenommene (Sach-)Dividende von den Depotbanken eingezogen werden. Bei der von Tesla beabsichtigten Ausgabe in Form der Sachdividende könnte dies bei dem Ausgabeverhältnis von 1:5 dazu führen, dass 80% des Kurswertes der Abgeltungsteuer unterliegt und – nach Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrages – diese neben dem Solidaritätszuschlag sowie ggf. Kirchensteuer an das Finanzamt abgeführt werden.

Auch wenn die Finanzverwaltung in der Vergangenheit im Hinblick auf einzelne Aktiensplits im Nachgang durch mehrere BMF-Schreiben versucht hat, den unzutreffenden Einbehalt von 25% Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag sowie ggf. Kirchensteuer durch Verrechnungsmöglichkeiten bzw. Korrektur der Steuerveranlagung zu korrigieren, bleibt bei den bevorstehenden Aktiensplits das Risiko bestehen, dass – insbesondere bei Tesla – die Depotbanken möglicherweise wie in der Vergangenheit nach den Vorgaben des Datendienstleisters WM Datenservice (der als „Zahlstelle des Fiskus“ fungiert) ggf. auch diesmal einen möglicherweise unzutreffenden Einbehalt vornehmen und die weiteren Entwicklungen bzw. Vorgaben der Finanzverwaltung abwarten.

Nachträgliche Korrektur eines (unzutreffenden) Einbehalts in mehrfacher Hinsicht risikobehaftet

In der Vergangenheit war beispielsweise im Rahmen des Aktiensplits bei Google eine solche Besteuerung unzutreffend bzw. wurde diese zumindest als ungerecht empfunden. Daher bestätigte die Finanzverwaltung, dass es sich bei diesem Aktiensplit um eine steuerneutrale Kapitalerhöhung gehandelt hat und die Behandlung als der Abgeltungsteuer unterliegender Vorgang durch eine sog. „Delta-Korrektur“ zu berichtigen sei. Zunächst wurde die Möglichkeit einer Korrektur für Folgejahre eröffnet, in dem die Depotbanken den als steuerpflichtig gewerteten Ertrag für das Folgejahr mit zukünftigen Kapitalerträgen in einen sog. Verlustverrechnungstopf einstellten.

Problem hierbei war allerdings, dass nicht jeder Anleger im Folgejahr ausreichend Erträge hatte, um die zu Unrecht erhobene Abgeltungsteuer aus dem Aktiensplit Google vollständig verrechnen zu können, sondern dies erst ggf. in Folgejahren möglich war. Zu bedenken ist zudem, dass Verluste nur innerhalb der Einkunftsart „Einkünfte aus Kapitalvermögen“ und seit dem Jahr 2009 nur im Zusammenhang mit Aktienveräußerungsgewinnen gewinnmindernd berücksichtigt werden dürfen, so dass unter Umständen eine noch längere Wartezeit droht, bis eine vollständige Verrechnung möglich ist.

Um dies abzumildern, wurde damals den Anlegern zwar für Beträge, die nicht verrechnet werden konnten, die Möglichkeit einer Änderung der Steuerfestsetzung für das betroffene Jahr in Aussicht gestellt. Soweit die Kapitaleinkünfte im betroffenen Jahr jedoch geringer als der zu korrigierende Ertrag waren, konnte der Korrekturbetrag wiederum nicht vollständig mit den positiven Kapitaleinkünften verrechnet und daher nur von weiteren Erträgen in den Folgejahren abgezogen werden. Technisch mündet dies dann in einen gesonderten Verlustfeststellungsbescheid, der den verbleibenden Verlustvortrag ausweist.

Auch in der technischen Umsetzung gilt es hier einiges im Hinblick auf das Ausfüllen der Anlage KAP sowie bzgl. der notwendigen Steuerbescheinigung und Bestätigung der Depotbank zu beachten.

Ein vergleichbares Szenario wäre auch im jetzigen Aktien-Split denkbar.

In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass Depotbanken möglicherweise bereits aufgrund der Bezeichnung als „Stock Dividend“ (unabhängig, ob dies im Sinne des deutschen Steuerrechts zutreffend bezeichnet bzw. korrekt übersetzt ist) einen entsprechenden Einbehalt ohne weitere Prüfung vornehmen. Dies kann im Einzelfall unzutreffend sein, da „Stock Dividends“ nach US-amerikanischem Recht nicht pauschal vergleichbar mit nach deutschem Recht steuerpflichtigen Sachdividenden sind. Denn die unentgeltliche Zuweisung von Aktien stellt nur dann eine gemäß § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG steuerpflichtige Dividende dar, wenn sie ausdrücklich auf einem Gewinnausschüttungsbeschluss beruht. Daneben wird von inländischen Depotbanken ggf. auch nicht geprüft, ob ein nicht in Deutschland ansässiger Aktionär der beschränkten Steuerpflicht unterliegt und im Rahmen des Einbehalts eine Anrechnung ausländischer Steuern vorzunehmen wäre.

Fazit

Folge hieraus ist kurz gesagt, dass der Aktionär im Falle eines Einbehalts von 25% Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag sowie ggf. Kirchensteuer, soweit dies unzutreffend erfolgt, ggf. wie in der Vergangenheit seitens der Finanzverwaltung ggf. wie in der Vergangenheit auf den Verrechnungsweg verwiesen wird, der – wie gezeigt – einige Stolpersteine bereithält. Daneben ist der mit der Abführung der Abgeltungsteuer verbundene Kapitalabfluss nicht zu unterschätzen, da mangels tatsächlicher Veräußerung kein Veräußerungserlös zufließt, sondern sich der Depotwert um den auf eine fiktive Veräußerung entfallenden Steuerbetrag tatsächlich vermindert. Ob ein alternativ denkbarer Verkauf – der zeitlich vor dem jeweiligen vorgenannten Aktiensplit, d.h. im Falle Tesla vor dem 21. August 2020 erfolgen müsste –  mit nachfolgendem Ankauf unter wirtschaftlichen und steuerlichen Gesichtspunkten zweckmäßig ist, kann unter pauschaler Betrachtung nicht beurteilt werden und ist von der künftigen Kursentwicklung abhängig. In einem solchen Fall würde zwar auch ein (tatsächlicher) Veräußerungsgewinn besteuert, jedoch unter Zugrundelegung der jeweiligen Anschaffungskosten, so dass die dann maßgebliche Bemessungsgrundlage eines steuerpflichtigen Gewinns geringer wäre. Sollte jedoch der Aktiensplit letztendlich als steuerneutral qualifiziert werden, wäre dies jedoch nachträglich betrachtet die unvorteilhaftere Variante. Etwaige denkbare Erstattungs- bzw. Schadensersatzansprüche betroffener Aktionäre wären im Einzelfall gesondert zu prüfen.

Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass die vorgenannten Hinweise keine Anlageberatung darstellen, sondern lediglich das Risiko eines Einbehalts von 25% Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag sowie ggf. Kirchensteuer durch die depotführenden Banken veranschaulichen sollen. Bitte beachten Sie, dass diese Informationen nur den heutigen Stand (19. August 2020) der Sachlage abbilden. Wir haben diese Informationen nach bestem Wissen und Gewissen für Sie zusammengestellt und halten Sie auf dem Laufenden. Selbstverständlich können diese Kurzinformationen eine Steuer- und Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen.


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