Ein Beitrag von Anja Wolf, MUNKERT & PARTNER
Steuerberaterin, Dipl.-Kffr.
Fachberaterin für Int. Steuerrecht
Der Deutsche Bundestag verabschiedete am 22.04.2021 das Fondsstandortgesetz (Drucksache 19/28868). Darin enthalten sind Änderungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG zur Flankierung der Energie- und Mobilitätswende. Der Gesetzgeber erweitert den Katalog der unschädlichen Nebentätigkeiten um Stromlieferungen aus eigenen Energieanlagen in Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sowie aus dem Betrieb von E-Ladestationen in vorgegebenen Grenzen. Nach Zustimmung durch den Bundesrat treten die Änderungen für den Veranlagungszeitraum 2021 in Kraft.
Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages ist der steuerliche Gewinn. Neben den Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) sind die in § 9 GewSt genannten Kürzungen zu berücksichtigen.
§ 9 Nr. 1 GewStG betrifft die Kürzungen für Grundbesitz. Im Regelfall wird nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG der steuerliche Gewinn, der um die Hinzurechnungen erhöht wurde, um 1,2% des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen gehörenden inländischen Grundbesitzes gekürzt.
Unternehmen die ausschließlich ihren eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen (nachfolgend: Grundstücksunternehmen) können auf Antrag nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG im Rahmen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung den auf die Verwaltung und Nutzung entfallenen Gewerbeertrag vollständig von der Gewerbesteuer befreien.
Neben der reinen Verwaltung und Nutzung des Grundvermögens werden nach § 9 Nr. 1 S. 2 und 3 GewStG folgende unschädliche (Neben-)Tätigkeiten erlaubt, die nicht zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung führen:
Der Betrieb beispielsweise einer Photovoltaikanlage führte bisher zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung. Entsprechend der Verfügung des Landesamtes für Steuern Niedersachsen vom 15.05.2020 wurde der Betrieb einer Photovoltaikanlage als schädliche Nebentätigkeit im Sinne des § 9 Nr. 1 GewStG qualifiziert.
Der Gesetzgeber hat mit Artikel 9 im Fondsstandortgesetz (FoStoG) den § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG geändert. Die Nutzung und Verwaltung des eigenen Grundbesitzes umfasst auch Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus
Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ist möglich, wenn die Einnahmen aus den vorgenannten Stromlieferungen maximal 10% der Gesamteinnahmen betragen.
Als weitere Erleichterung wurde die Bagatellgrenze in Höhe von 5% in § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG aufgenommen. Grundstücksunternehmer können aus vertraglichen Beziehungen mit den Mietern schädliche Einkünfte (z.B. Lieferung konventioneller Strom) bis maximal 5% der Gesamteinnahmen tätigen ohne die erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu verlieren.
Das FoStoG (Drucksache 19/28868) mit den vorbeschriebenen Änderungen im Gewerbesteuergesetz wurde am 22.04.2021 durch den Deutschen Bundestag beschlossen. Bei Zustimmung durch den Bundesrat treten die Änderungen ab dem Gewerbesteuererhebungszeitraum 2021 in Kraft.
Ergänzend weisen wir an dieser Stelle darauf hin, dass keine Identität zwischen der Bagatellgrenze 5% im Sinne des § 9 Nr. 1 GewStG und der Bagatellgrenze in Höhe von 3% hinsichtlich der gewerblichen Infizierung besteht.
Die Thematik gewerbliche Infizierung betrifft Personengesellschaften. Haben diese beispielsweise nur Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder Vermietung und Verpachtung, dann unterliegen die Einkünfte nicht der Gewerbesteuer. Bei paralleler Ausübung von gewerblichen Einkünften besteht die Gefahr der gewerblichen Infizierung.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 27.08.2014, VIII R 16/11 die Bagatellgrenze der gewerblichen Einkünfte genannt. Gewerbliche Einkünfte bis zu 3% der Gesamtnettoumsätze bis maximal 24.500 € im Veranlagungszeitraum führen nicht zu einer gewerblichen Infektion.
Sind die gewerblichen Einkünfte über der vorgenannten Bagatellgrenze werden alle Einkünfte der Personengesellschaft steuerlich als gewerbliche Einkünfte qualifiziert, die gewerbesteuerpflichtig sind. Das Vermögen der Personengesellschaft wird steuerliches Betriebsvermögen mit der Steuerverstrickung der zukünftigen stillen Reserven.
Welche Auswirkungen hat die Änderung des § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG hinsichtlich Photovoltaikanlagen bei grundstücksverwaltenden Gesellschaften?
Bei Grundstücksunternehmen, die steuerliches Betriebsvermögen darstellen, wurde bisher beim Betrieb einer Photovoltaikanlage die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung versagt. Nach Änderung des § 9 Nr. 1 S. 2 ff GewStG im Rahmen des FoStoG ist die Stromlieferung aus der eigenen Photovoltaikanlage unter Berücksichtigung der erforderlichen Voraussetzungen gewerbesteuerfrei.
Bei Grundstückunternehmen, die als steuerliches Privatvermögen qualifiziert sind z. B. in Form der reinen vermögensverwaltenden GbR, besteht weiterhin das Risiko der steuerlichen Verstrickung der stillen Reserven, wie im nachfolgenden Beispiel dargestellt:
Die A GbR vermietet ein Mehrfamilienhaus und erzielt nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Vermietungseinkünfte unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Auf dem Dach wird eine Photovoltaikanlage installiert. Die GbR erzielt neben den reinen Vermietungseinnahmen auch gewerblichen Einkünfte aus der Photovoltaikanlage (Stromlieferung an eigene Mieter und Dritte) in Höhe von 4% der Gesamteinnahmen. Entsprechend der gewerblichen Infektion werden alle Einkünfte der GbR gewerblich, die gewerbesteuerpflichtig sind.
Nach Änderung des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG durch das FoStoG sind die Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung erfüllt. Folglich bleiben die gewerblichen Einkünfte gewerbesteuerfrei. Es wird keine Gewerbesteuer festgesetzt.
ABER durch die gewerbliche Infizierung wird das Mehrfamilienhaus steuerliches Betriebsvermögen der GbR. Im Ergebnis sind die zukünftigen stillen Reserven steuerverstrickt.
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Ein Ausblick – warum wir wieder mehr Optimismus wagen sollten
Wenn eine Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen wurde, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen.
Ein Steuerzahler sollte im Rahmen eines Aussetzungsverfahrens Zinsen in Höhe von mehr als 12.500 Euro bezahlen – entsprechend dem Zinssatz von 6 % pro Jahr.
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